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Hilfe > Hunger: Überleben in der Dürre

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Hilfe > Hunger

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Caritas Helferin im Einsatz

„Hunger am Horn von Afrika", diese Schlagzeile taucht seit Jahren immer wieder in den Zeitungen auf. Beinahe haben wir uns daran gewöhnt.

Doch seit einigen Monaten spitzt sich die Situation in Ostafrika dramatisch zu. Millionen Menschen im Südsudan, in Äthiopien, in Somalia und in Kenia leider unter einer extrem Dürre. Lebensmittel und Wasser werden knapp.
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Im Büro in Wien lese ich täglich neue, besorgniserregende Berichte internationaler Hilfsorganisationen.

Caritas-KollegInnen in Kenia, Äthiopien und im Südsudan berichten über Ernteausfälle und ausbleibenden Regen.

Schließlich melden sich die Vereinten Nationen mit einem erschreckenden Ausblick:


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„Schon seit Jahresbeginn stehen wir vor der größten humanitären Katastrophe seit der Gründung der Vereinten Nationen. Mehr als 20 Millionen Menschen in vier Ländern hungern oder stehen vor dem Hungertod“, warnt UN-Nothilfekoordinator Stephen O’Brien. „Ohne gemeinschaftliche und koordinierte globale Anstrengungen, werden die Menschen einfach verhungern."

Was heißt es, in der Dürre zu überleben? Wie wird den Menschen in den betroffenen Ländern geholfen? 




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Um mir ein Bild zu machen und die Hilfe in Kenia zu unterstützen bin ich nach Nairobi geflogen.

Aus Kenias Hauptstadt Nairobi geht es in einem Kleinflugzeug weiter in den besonders betroffenen Norden des Landes, nach Marsabit (Karte).

Bereits beim Landeanflug wird klar, dass es hier schon lange nicht mehr richtig geregnet hat. Die Schotterpiste ist staubiger, die spärliche Vegetation noch karger als üblich. Kaum ein Strauch oder Baum ist grün.
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Mit den Kolleginnen und Kollegen der kenianischen Hilfsorganisation PACIDA fahre ich weiter durch die trockene Savannenlandschaft Richtung Norden, Richtung äthiopischer Grenze.

300.000 Menschen leben in der Region Marsabit. Als ich meinen Kollegen frage, wie es den Menschen hier geht, schüttelt er nur den Kopf: „Immer mehr Menschen hungern. Ohne unsere Hilfe könnten manche Dörfer nicht mehr überleben.“
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Nach einigen Stunden Fahrt tauchen in der Ferne einige runde Hütten auf. Dazwischen knabbern Ziegen an verdorrten Büschen.

Als wir uns nähern, werden wir von von Kindern und Frauen willkommen geheißen. Die Dorfbewohner kennen unsere kenianischen Begleiter, wir kommen ins Gespräch.

Eine große Frau in blauem Gewand erzählt mir ihre Geschichte.

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Tume: „So schlimm war die Dürre noch nie“

„So schlimm war die Dürre noch nie“, erschöpft lehnt die 42-jährige Tume an einem der Bäume unweit ihrer Hütte. Zwei Kinder verstecken sich hinter ihren Beinen.

„Mein ganzer Körper schmerzt“ , erzählt Tume während sie sich über Arme und Beine streicht. Die abgemagerte Frau hat kaum Energie die lästigen Fliegen zu verscheuchen. 
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Die Mutter von sechs Kindern ist erschöpft. Mehr als 20 Kilometer musste sie zu Fuß zur Lebensmittelverteilung ins Dorf Balesa (Karte) gehen.

Fünf Stunden in der unerträglichen Hitze durch die staubtrockene Savanne. Mit leerem Magen, ohne Proviant.
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Zweimal im Jahr regnet es normalerweise in der Region Marsabit. Dann grünt und blüht die Wüste. Der Grundwasserspiegel steigt, die Brunnen und Sammelbecken liefern dann genügend Wasser.

„Jetzt hat es seit mehr als einem Jahr keinen Tropfen mehr geregnet", erzählt Tume. Mittlerweile sterben bereits die Kamele. Und das hat dramatische Folgen für die Menschen.

„Die Kamele haben uns täglich Milch und Fleisch gegeben. Zudem sind die Tiere wichtig für den Transport", erklärt die Frau. „Wir hatten 140 Ziegen und 30 Kamele. Die meisten Tiere sind in den vergangenen Wochen gestorben. Bis jetzt haben 10 Kamele überlebt."
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„Mein ältester Sohn ist vor Tagen losgezogen, um nach Wasser und Futter für die Tiere zu suchen. Er muss weiter und weiter gehen, um neue Plätze zu finden. Aber die Tiere schaffen es kaum noch, weite Strecken zurückzulegen“, erzählt Tume und zeigt in die Richtung, in die Sohn und Tiere aufgebrochen sind.
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Ohne Vieh und ohne die Möglichkeit Felder anzulegen oder Gemüse anzubauen, sind die Familien in Tumes Dorf dem Hunger ausgeliefert.

„Seit Monaten gibt es für meine sechs Kinder und mich nicht mehr als einen Tee am Morgen und ein wenig getrockneten Mais. Wenn meine Kleinen weiterhin nicht genug zu essen bekommen, wird der Hunger bleibende Folgen haben", so Tume. „Ich kann es nicht ertragen, meine Kinder hungern zu sehen."
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„Ohne die Nahrungsmittelhilfe und Trinkwasserlieferungen wüssten wir nicht, wie wir bis zum nächsten Regen überleben sollen“, berichtet Tume.

Auch wir haben in unseren Geländewägen Lebensmittel und Trinkwasser mitgebracht. Nach unserem Gespräch verteilen meine Kollegen und ich die Rationen an die Einwohner des Dorfes. 
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Ein Nahrungsmittelpaket besteht aus Bohnen, Milchpulver, Öl, Maismehl und Unimix.

Unimix - auch Famix genannt -  ist eine weiße, pulvrige Mischung aus Mais, Soja, Zucker, Mineralstoffen, Salz und Vitaminen. Das Pulver wird mit Wasser vermischt und als Brei oder Brotersatz gegessen und versorgt unterernährte Kinder mit dringend benötigten Kalorien.

„Mit diesen Lebensmitteln kann ich meine Familie eine Woche lang versorgen. Jetzt können meine Kinder langsam wieder zu Kräften kommen“, ist Tume dankbar. „Ich hoffe es kommt bald Regen, damit wir bald wieder auf eigenen Beinen stehen können."



Mit 16 Euro kann eine 6-köpfige Familie eine Woche lang mit Lebensmitteln versorgt werden.




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Auf der Fahrt in ein weiteres Dorf passieren wir eine der wenigen Wasserstellen. Zwei Frauen binden schwere Wasserkanister auf ihre Esel. 

Ohne Regen wird auch diese Wasserquelle bald versiegen, erklärt mein Begleiter während wir auf die nächste Ansiedlung zusteuern. „Die Dürre dauert einfach schon zu lange. Du wirst sehen, vielen Leuten in El Adi, wo wir als nächstes hinkommen, geht es nicht gut.“
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Salesa: „Alle zwei bis drei Jahre eine Dürre“

Salesa ist der Dorfälteste und damit der „Chief“ in El Adi (Karte), einem kleinen Dorf in der Region Marsabit. Die Umgebung hier gleicht einer Mondlandschaft, es gibt kaum Vegetation.
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Wie man hier überleben kann, frage ich.

„Schwer war es immer, aber früher kamen die Dürren alle sieben Jahre“, erzählt Salesa. „Da hatten wir genügend Zeit uns darauf vorzubereiten, Tiere zu mästen, Nahrungsmittel zu trocknen und zu lagern. Aber heute gibt es alle zwei bis drei Jahren eine verheerende Dürre.“
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„Wir haben keine Zeit, uns von einer Dürre zu erholen, bevor die nächste kommt", schildert Salesa, die  Männer des Dorfes nicken zustimmend. „Seit einigen Wochen kommen zudem mehr und mehr Nomaden zu uns nach El Adi, weil ihre Tiere verendet sind und sie nicht weiter wissen."

Die meisten Menschen in der Region Marsabit leben als Nomaden oder Halbnomaden und ziehen mit ihren Tieren von einer Weidefläche zur nächsten. Sie leben von der Milch, dem Fleisch und dem Handel mit den Tieren. Ohne Vieh können sie kaum überleben.

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„Diese Ziegen sind vor ein paar Tagen verendet“, Salesa zeigt mir die Tiere, die rund um das kleine Dorf zwischen den Steinen verwesen. Vögel picken an den Kadavern. 


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Salesa führt mich und meine Kollegen weiter durch das kleine Dorf. Nur ein paar Hütten - und ein rot-weißer Sendemast. Die hochstehende Sonne brennt auf den Sand, Ziegen drängen im Schatten der Behausungen.

Wir gehen von Hütte zu Hütte und Salesa stellt mich seinen Nachbarn vor. Viele von ihnen hungern, einige schaffen es nicht mehr aus eigener Kraft ihre Hütte zu verlassen.

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Neben den Kindern sind es vor allem die Alten, die besonders von Mangel- und Unterernährung betroffen sind.

„Die Dorfgemeinschaft hilft so gut es geht zusammen, aber der Hunger wächst mit jedem Tag“, erzählt Salesa. „Ohne eure Hilfe könnten wir hier nicht mehr über die Runden kommen.“



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Nach und nach kommen die Bewohner des kleinen Dorfes bei unseren Fahrzeugen zusammen.

Nach den bedrückenden Geschichten bin ich froh, den Männern, Frauen und Kindern in El Adi helfen zu können. Jedes Päckchen Mehl, jeder Liter Öl, jedes Kilogramm Milchpulver machen hier einen großen - einen lebenswichtigen - Unterschied.






Jetzt die Arbeit der Helferinnen und Helfer in Kenia unterstützen!






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„30 Kilometer in diese Richtung“

Auf der Fahrt zum nächsten Dorf sehen wir aus der Entfernung einen Mann auf seinen Stock gestützt im Schatten eines Baumes stehen. Neben ihm liegt ein Kamel im Sand.

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"Wir waren den ganzen Tag unterwegs, um Wasser zu holen", erzählen die Hirten. "Jetzt kann das Kamel nicht mehr weiter. Es will nicht mehr aufstehen."
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"Wenn das Kamel stirbt, haben wir ein weiteres unserer Tiere verloren", ist Hussein Ahmed verzweifelt. 

Für Hirten wie Hussein Ahmed sind Kamele lebensnotwendige Nutztiere. Die genügsamen Tiere sind wichtige Lastenträger sowie Milch- und Fleischlieferant.

Hier setzt auch die Hilfe der Caritas und ihrer lokalen Partner an: Seit Jahren werden Familien in Marsabit bei der Anschaffung von Kamelen unterstützt.
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Während wir mit den Hirten sprechen, kommen Männer vorbei und wir versuchen gemeinsam das Kamel zum Aufstehen zu bringen. Doch das Tier ist am Ende seiner Kräfte.
„Unser Kamel wird sterben. Wir können nichts tun“, so Hussein Ahmed. „Jetzt müssen wir die Kanister selbst zurück ins Dorf schleppen. 30 Kilometer in diese Richtung.“


Ich frage mich, wie lange die zwei Männer unterwegs sein werden. Wie muss es sein, für Trinkwasser stundenlang gehen zu müssen? 

„Wir müssen weiter“, mahnt unser Fahrer schließlich zur Eile. „Die große Lebensmittelverteilung im nächsten Dorf soll in Kürze beginnen. Die Menschen warten bereits.“ 
Ich verabschiede mich und wünsche den Hirten alles Gute auf ihrem Heimweg - und vor allem, dass der Regen bald kommt.






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John: „Nachbarn teilen ihre Lebensmittel“

Im nächsten Dorf erwartet uns bereits eine Gruppe von Menschen. Männer, Frauen und Kinder in bunten Tüchern warten auf dringend benötigte Lebensmittel.

Insgesamt versorgen unsere Helferinnen und Helfer hier in Marsabit rund 26.000 Menschen mit Nahrungsmittelpaketen versorgen - einer dieser Helfer ist John.




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John sitzt, umringt von den DorfbewohnerInnen, an einem kleinen Tisch in der Nachmittagssonne. Er trägt eine knallgelbe Einsatzweste mit der Aufschrift "Drought Emergency Response".

John erklärt das Prozedere der Verteilungen: „Gemeinsam mit den Dorfältesten wird im Vorfeld erhoben, welche Familien am dringensten Lebensmittel benötigen. Unterernährte Kinder, alte und kranke Menschen erhalten den Vorzug."

„Nach der Erhebung geben wir den ausgewählten Familien Bescheid, wann wir mit den Lebenmitteln und dem Trinkwasser ins Dorf kommen werden", so der Helfer weiter. „Um ein Lebensmittelpaket zu bekommen müssen die Frauen und Männer per Unterschrift oder Fingerabdruck die Übernahme bestätigen."








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"Das sind 21 Portionen Milchpulver", erklärt Johns Kollege während er ein Paket in den Sack packt.
"Dieses Milchpulver habe ich auch beim letztem Mal bekommen. Für meine vier Kinder komme ich mit dieser Menge einige Zeit lang aus", antwortet die Mutter, die ihr Baby im Wickeltuch am Rücken trägt.
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In den Regionen Marsabit, Mandera und Trukana ist jedes dritte Kind unterernährt.

„Wann die Kinder ihre nächste Mahlzeit bekommen, hängt oft davon ab, wann wieder Lebensmittel verteilt werden", erklärt John. Woher sollen wir sonst etwas zu essen bekommen, ergänzt eine Mutter, die mit ihren zwei Söhnen zur Verteilung gekommen ist.

Auch hier ist der Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft groß. „Die Familien teilen ihre Lebensmittelspakete mit ihren Nachbarn, wenn deren Vorräte aufgebraucht sind", erzählt John.





Mit Ihrer Hilfe ermöglichen Sie Lebensmittel- und Trinkwasserverteilungen in der Dürreregion!








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Die Pakete sind rasch verteilt. Bei der Verabschiedung bedanken sich die Mütter nochmals für die Hilfe.

Für mich ist es unbegreiflich, wie die Menschen unter diesen Umständen überleben können.
Mein Beruf bringt einen ständigen Wechsel zwischen Arm und Reich, Hungersnot und Leben im Überfluss mit sich. So etwas mitzuerleben, geht unter die Haut. Aber es motiviert, wenn ich sehe, wie unsere Hilfe das Überleben von Kindern wie jenen von Tume sichert und langfristige Folgeschäden von Unterernährung verhindert. 

Auf dem Rückflug nach Nairobi lese ich nochmals die Geschichten in meinem Notizbuch und denke an die Menschen, die ich treffen durfte.
Wir dürfen diese Männer, Frauen und Kinder nicht vergessen, wir dürfen nicht wegschauen und uns nicht an die schrecklichen Schlagzeilen gewöhnen. Die Erfahrungen aus Kenia machen sicher: Gemeinsam können wir den Hunger besiegen.

Hilfe ist größer als Hunger!






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