Kämpferinnen gegen den Hunger
Kämpferinnen gegen den HungerSie arbeiten auf Feldern, ernähren Kinder und helfen in Not. Weltweit sind Frauen die wichtigsten Akteure im Kampf gegen Unterernährung – nirgendwo wird das deutlicher als in Burundi.
Rascher Ruck
Unerbittlich packt Schwester Beatrice den Arm noch fester, zieht die Schlinge noch enger. Ein rascher Ruck, das Plastik drückt Striemen in die Haut. Die kleinen Finger krallen sich in den Hals der Mutter. Aus Wimmern wird lautes Weinen. Mit einem fingerbreiten Plastikband vermisst die Schwester den Oberarm des Kleinkindes.
Plastikband
Das Band zeigt eine Skala mit einem grünen, einem gelben und einem roten Bereich. Jetzt zeigt die Skala rot.
„Ihre Tochter braucht dringend kräftigende Nahrung”, sagt Schwester Beatrice zur Mutter. Ihre Kollegin notiert: Oberarmumfang: 103 mm. Das zwölf Monate alte Mädchen wiegt nur 4,3 kg. Schwester Beatrice weiß, gesunde Kinder wiegen in diesem Alter doppelt so viel. Unter den Namen des Kindes schreibt sie: malnutrition: trés sévère, sehr schwere Unterernährung.
„Ihre Tochter braucht dringend kräftigende Nahrung”, sagt Schwester Beatrice zur Mutter. Ihre Kollegin notiert: Oberarmumfang: 103 mm. Das zwölf Monate alte Mädchen wiegt nur 4,3 kg. Schwester Beatrice weiß, gesunde Kinder wiegen in diesem Alter doppelt so viel. Unter den Namen des Kindes schreibt sie: malnutrition: trés sévère, sehr schwere Unterernährung.
Jedes zweite Kind
In Schwester Beatrices Heimatland Burundi leidet jedes zweite Kind unter den Folgen von Unter- und Mangelernährung. Das Land im Herzen Afrikas ist einer der ärmsten Staaten der Welt. Auf einer Fläche nur etwas größer als Niederösterreich leben elf Millionen Menschen, fast alle als Selbstversorger. Doch die Felder sind nicht produktiv genug, um die Menschen zu versorgen.
Auch im Zentrum des Landes, in der Provinz Gitega, hungern Kinder zwischen grünen Feldern. Wie in den meisten Entwicklungsländern sind es auch in Burundi Frauen, die den Kampf gegen den Hunger aufnehmen. Als Mütter, Krankenschwestern oder Kleinbäuerinnen bestimmen sie das Schicksal des kleinen Landes.
Auch im Zentrum des Landes, in der Provinz Gitega, hungern Kinder zwischen grünen Feldern. Wie in den meisten Entwicklungsländern sind es auch in Burundi Frauen, die den Kampf gegen den Hunger aufnehmen. Als Mütter, Krankenschwestern oder Kleinbäuerinnen bestimmen sie das Schicksal des kleinen Landes.
Nadia auf dem Weg
Ihre kleine Tochter im Tragetuch auf den Rücken gebunden, marschiert Nadia Niyongabo vorbei an üppig grünen Palmen. Erst über schmale Pfade, dann entlang der asphaltierten Hauptstraße. Der Frühnebel liegt noch über den Hügeln und vermischt sich mit dem Rauch der Kochstellen. Nach knapp zwei Stunden ist sie an ihrem Ziel angekommen.
Im Ernährungszentrum
Auf dem großen Anwesen mit mehreren Gebäuden aus roten Lehmziegeln sitzen bereits rund 80 Frauen in bunten Wickelkleidern mit ihren Kindern im Schatten einer blauen Plastikplane.
Schulung Ernährung
Schwester Beatrice hat gerade mit ihrem Vortrag begonnen. Sie zeigt den versammelten Müttern, wie sie mit den vorhandenen Lebensmitteln ihre Kinder und sich selbst gut versorgen können.
Nadia braucht Hilfe
Die Schautafel zeigt, wie mit knappen Lebensmitteln nahrhafte Speisen zubereitet und Kinder ausgewogen ernährt werden können.
Nadia wartet auf die Untersuchung
Nadia
Niyongabo
sieht die Tafel mit den Bildern von Lebensmitteln nicht zum ersten Mal. Die 21-Jährige weiß bereits, welche Nährstoffe ihre Tochter braucht, um gesund und ohne bleibende Schäden aufwachsen zu können. Doch die junge Frau ist erneut hierhergekommen, weil sie noch immer Hilfe braucht.
Schwester Beatrice
Schwester Beatrice, eine zierliche Frau mit überraschend kräftigem Händedruck und lautem Lachen, kennt das Gesicht des Hungers. Die abgemagerten Körper, die ausgebleichten Haare, die Apathie, die verzweifelten Blicke der Mütter.
Seit zehn Jahren trägt sie die hellblaue Kutte des Schwesternordens „Neues Leben für die Versöhnung“. Davor war sie Krankenschwester.
Seit zehn Jahren trägt sie die hellblaue Kutte des Schwesternordens „Neues Leben für die Versöhnung“. Davor war sie Krankenschwester.
Untersuchung
Hier im Ernährungszentrum untersucht sie Kinder, die mit fünf Jahren gerade so groß sind, wie ein gesundes Dreijähriges. Zweimal pro Woche können Mütter mit ihren Kindern kommen, um sich satt zu essen. Dazu verteilen die Schwestern Milchpulver und schulen die Mütter in Ernährungsfragen. In der Region sind sie, unterstützt von internationalen Gebern, eine der wichtigsten Anlaufstellen für notleidende Menschen.
„Mit Gottes Hilfe tun wir, was in unserer Macht steht“, sagt Schwester Beartrice, wischt sich den Schweiß aus den Augen und widmet sich dem nächsten Kind.
„Mit Gottes Hilfe tun wir, was in unserer Macht steht“, sagt Schwester Beartrice, wischt sich den Schweiß aus den Augen und widmet sich dem nächsten Kind.
Lebensmittelausgabe
Nach der Untersuchung werden Nadia und die anderen Mütter zur Lebensmittelausgabe in einer der anderen Baracken geschickt. Je nach Gesundheitszustand ihrer Kinder bekommen diese einen speziellen, nahrhaften Brei.
Breiausgabe
In einer der Baracken schöpft eine Ordensschwester frisch gekochten Brei aus Sorghum, Soja, Mais und Zucker in Plastikbecher, die an die wartenden Mütter ausgegeben werden.
Bei Tisch
Dicht gedrängt sitzen die Mütter an langen Tischen unter dem Wellblechdach der Baracke. Die Schwestern verteilen Löffel, damit die Frauen auch die letzten Breireste aus den Bechern kratzen und ihre Kinder besser füttern können. Für die meisten hier ist es die erste Mahlzeit des Tages.
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Nur eine Mahlzeit am Tag
Auch Nadia füttert ihre Tochter, nimmt selbst immer wieder einen Schluck des Breis. Die junge Frau ist nie zur Schule gegangen. Sie kümmert sich um Kinder und Haushalt und arbeitet auf dem Feld. Doch ihre Anbaufläche ist winzig und der Boden ausgelaugt, die Ernte reicht nicht aus.
Nadia ist abgemagert und kann ihre Kleine nicht stillen.
“Meist essen wir nur eine Mahlzeit am Tag - Reis, Bohnen oder Bananen. In der Trockenzeit gibt es oft gar nichts.”
Besuch bei Kleinbäuerin Stephanie
Wenige Kilometer vom Ernährungszentrum entfernt, außerhalb der Stadt Gitega lebt die Kleinbäuerin Stephanie Ndekatubane. Auf einem der vielen Hügel pflanzt sie Obst und Gemüse - so erfolgreich, dass sie ihre Kinder nicht nur ernähren, sondern auch zur Schule schicken kann.
Obst- und Gemüsefelder
Wie eine Feldherrin schreitet die 51-Jährige über ihre Plantage. “Das alles ist mein Land, das sind meine Felder. Von diesem großen Baum bis hinunter zum Fluss”,
sagt sie stolz. „Mein Obst und Gemüse wächst sehr gut!“
Bäuerin Stephanie
Stephanie
Ndekatubane
ging nicht zur Schule, auch sie hatte nur ein kleines Stück Land. Doch vor zwei Jahren hat sie an der Schulung der Caritas teilgenommen und gelernt, wie sie ihren Ernteertrag steigern kann. Sie wurde Mitglied in einem Sparverein und konnte Tiere kaufen.
Erfolgreiche Schweinezucht
“Heute habe ich 20 Schweine, mache eigenen Dünger und kann durch den Verkauf der Produkte meine neun Kinder zur Schule und auf die Universität schicken”, erzählt die Kleinbäuerin.
Frauensolidarität
Seit einigen Monaten gibt Frau Ndekatubane
deshalb ihr Wissen an andere Kleinbäuerinnen weiter. Und damit sie in der Trockenzeit Wasser aus dem Fluss auf die Felder pumpen kann, will sie jetzt einen Kredit für eine Motorpumpe aufnehmen. Sie ist überzeugt: “Wir Frauen müssen uns zusammentun und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen."
Band soll wieder grün zeigen
Wenn Nadia Niyongabo von der bevorstehenden Trockenzeit spricht, wird ihre Stimme leiser. Sie hofft, dass sie bis dahin wenigstens ein paar Maniokwurzeln beiseitelegen kann. Sie wird alles tun, damit ihre Tochter wieder zu Kräften kommt und dass sie nicht mehr ins Ernährungszentrum kommen muss. Sie wird dann noch weniger essen und den Brei für ihre Tochter noch weiter verdünnen.
„Das Band soll nur bald wieder grün zeigen“, sagt die junge Mutter.
Täglicher Kampf gegen den Hunger
Auch Frau Niyongabo
wünscht sich eine Ausbildung und eine gute Zukunft für ihre Tochter. Doch wer Tag für Tag darum kämpft, die Familie satt zu machen, kann nicht weit planen.
Nachdem der Brei aufgegessen ist, packt sie Milchpulver in ihren Beutel und verabschiedet sich. Egal wie beschwerlich der Weg ist, in wenigen Tagen wird sie wieder ins Zentrum kommen, damit ihre kleine Tochter versorgt ist und gesund aufwachsen kann.
Nachdem der Brei aufgegessen ist, packt sie Milchpulver in ihren Beutel und verabschiedet sich. Egal wie beschwerlich der Weg ist, in wenigen Tagen wird sie wieder ins Zentrum kommen, damit ihre kleine Tochter versorgt ist und gesund aufwachsen kann.
Werden euch nicht im Stich lassen
Klimawandel, Bevölkerungswachstum und politische Unruhen drohen, die Lebensumstände der Menschen in Burundi weiter zu erschweren. Es sind Frauen wie Schwester Beatrice, Nadia
Niyongabo
und Stephanie Ndekatubane
die Tag für Tag darum kämpfen, ihren Kindern, Familien und Nachbarn eine bessere Zukunft zu bieten.
“Wir werden da sein”, sagt Schwester Beatrice während sie die letzten Mütter mit einem Päckchen Milchpulver in die drückende Nachmittagshitze verabschiedet. “Egal wie lange die Trockenperiode dauert, wir werden euch nicht im Stich lassen.”
“Wir werden da sein”, sagt Schwester Beatrice während sie die letzten Mütter mit einem Päckchen Milchpulver in die drückende Nachmittagshitze verabschiedet. “Egal wie lange die Trockenperiode dauert, wir werden euch nicht im Stich lassen.”
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